Rottweil - Scharmberg-Lauterbach

Veröffentlicht am: 13.12.2004 von Holger Schröck in: Schiedsgericht » Urteile Drucken

In der Schiedssache

1. Schachverein Rottweil e. V.
Protestgegner/Berufungsführer

2. , stellv. Bezirksspielleiter Albschwarzwald

3. ..., Staffelleiter A-Klasse Nord, Albschwarzwald
Berufungsführer

gegen

die Schachgemeinschaft Schramberg-Lauterbach
Protestführer/Berufungsgegner

wegen Spielwertung

hat das Verbandsschiedsgericht durch Dr. Rolf Gutmann als Vorsitzenden am 13.12.2004 für Recht erkannt:

Das Verfahren wird eingestellt. Der Schiedsspruch des Bezirkschieds­gerichts Alb-Schwarzwald vom 12.11.2004 ist unwirksam.
Kosten werden nicht erhoben. Die von den Berufungsführern einbezahlte Protestgebühr ist zurückzuerstatten.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Begründung:

I.

Die Berufungsführer hatten sich gegen die Abänderung einer Entscheidung des Spielleiters auf Protest des Berufungsgegners durch das Bezirksschiedsgericht gewandt. Die 3. Mannschaft des Berufungsführers hatte im Wettkampf gegen die 2. Mannschaft des Berufungsgegners am 16.10.2004 die Spieler an den Brettern 2 und drei vertauscht, wobei der danach an Brett 3 aufgestellte Spieler nicht erschienen war. Die Mannschaftsführer bemerkten bei Spielbeginn die falsche Aufstellung nicht. Als Wettkampf-Ergebnis wurde 5 : 3 für den Berufungsführer zu 1) gemeldet. Der Berufungsführer zu 2) veröffentlichte ein Rundschreiben, in dem er ausführte:

„Nach meinen Informationen hat Rottweil 3 die Bretter 2 + 3 vertauscht. Die Aufstellung lautet für RW 3 1. Zeldin, 2. Schnur, 3 Scheller usw.
Der Einsatz des auf Brett 3 gemeldeten und auf Brett 2 eingesetzten Scheller ist korrekt. Der Einsatz, des auf Brett 2 gemeldeten und auf Brett 3 eingesetzten Schnur, ein Verstoß gegen die WTO, deshalb muss ich seinen Sieg in ein Minus verwandeln. Weil aber Brett 3 von Schramberg Lauterbach unter Namensnennung freigeblieben ist werte ich die Begegnung mit. 4-3 und Brett 3 mit minus zu minus.
Nach Recherchen des Staffelleiters hatte RW 3 eine Mannschaftsaufstellung in der die Bretter 2+3 vertauscht sind, es gilt aber immer die Aufstellung, die mir geschickt wurde und die ich den Vereinen per Post wieder zurückgeschickt habe. Ein Grund die eigene Aufstellung zu prüfen. Gegen diese Entscheidung kann innerhalb 10 Tagen beim Schiedsgericht Einspruch erhoben werden.”

Mit eMail vom 25.10.2004, gerichtet an den Bezirksspielleiter, legte der Berufungsgegner gegen die Umwertung Protest mit dem Ziel einer Wertung zu einem 3 : 3 ein, den dieser an das Bezirksschiedsgericht weiterleitete. Weiter heißt es im eMail: „Schriftliche Meldung des Protestes folgt in Kürze.“ Diese schriftliche Meldung unterblieb nach Angaben des Berufungsgegners, weil der Berufungsführer zu 2) sie als nicht erforderlich bezeichnet habe. Das Bezirksschiedsgericht gab dem Protest statt und übermittelte die Entscheidung ebenfalls per eMail. Auf Hinweis durch den Vorsitzenden des Verbandsschiedsge­richts nahm der Berufungsgegner seinen Protest zurück.

II.

1. Auf die Rücknahme des Protestes durch den Berufungsgegner ist das Verfahren einzustellen. Die Kostenentscheidung obliegt gemäß § 12 Abs. 3 Satz 3 Schiedsordnung dem Vorsitzenden des Verbandsschiedsgerichts. Es entspricht der Billigkeit, den Berufungsführer zu 1) und den Berufungsgegner von Verfahrenskosten freizustellen. Die Kostenfreiheit der Berufungsführer zu 2) und 3) beruht auf praktischen Gründen. Dies ergibt sich aus folgendem:

2. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Verbandsschiedsgerichts folgt aus § 17 Abs. 4 a) Satz 2 Schiedsordnung, wonach der Protest in dreifacher Fertigung einzureichen ist, das Erfordernis der Schriftform. eMail genügt diesem Formerfordernis nicht.

Schiedsspruch vom 12.1.2001 in der Sache Dicker Turm Esslingen

Dies gilt bislang im allgemeinen Rechtsverkehr und erst recht in gerichtlichen Verfahren. Für die seit 1.12.2004 bei Bundesfinanzhof und Bundesverwaltungsgericht mögliche Einreichung von Schriftsätzen per eMail ist eine elektronische Signatur erforderlich, die vorliegend nicht gewählt wurde. Hiernach wäre die Berufung des Berufungsführers zu 1) erfolgreich gewesen, weshalb die von ihm bezahlte Protestgebühr zurückzuerstatten ist.

3. Die Berufungen der Berufungsführer zu 2) und 3) wären auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Verbandsschiedsgerichts erfolglos geblieben. Im

Schiedsspruch vom 2.11.1999 in der Sache SV Urach gg. Liechtenstein

wurde dazu ausgeführt:

„Dennoch ist die Berufung des Berufungsführers zu 2) unzulässig. Die Zulässigkeit der Berufung setzt voraus, dass der Verbandsspielleiter beschwert ist. Allein der Umstand, dass er den Inhalt eines Schiedsspruchs nicht billigt, begründet kein Recht auf Beteiligung am Verfahren. Könnten beliebige Funktionäre des Schachverbands gegen ihnen nicht genehme Entscheidungen von Bezirksschiedsgerichten Berufung einlegen, so müßten diese ihre Entscheidungen an alle diese Funktionäre zustellen, um Rechtskraft zu bewirken. Denn erst ab Zugang der Entscheidung läuft die Berufungsfrist.
Beim Spielleiter kommt hinzu, daß nach § 17 Schiedsordnung seine Entscheidungen von den Schiedsgerichten aufgehoben werden dürfen. Er hat deshalb gegenüber den Schiedsgerichten keine Kontrollrechte, sondern ist ihren Entscheidungen unterworfen. Zurecht rügt deshalb der Antragsteller, daß das Verlangen des Berufungsführers zu 2) die richterliche Unabhängigkeit verletzt (§ 19 Satzung des SVW).“

Vorliegend kommt noch hinzu, dass hier der stellvertretende Bezirksspielleiter Berufung einlegte, ohne darzulegen, weshalb der von ihm Vertretene nicht handeln kann, und zugleich der Staffelleiter, ohne dass die Kompetenzen klar abgegrenzt wären. Für die insoweit zu treffende Kostenentscheidung wird im o. a. Schiedsspruch weiter ausgeführt:

„Die Auferlegung der Kosten des Berufungsverfahrens würde lediglich zu einer wirtschaftlich sinnlosen Umbuchung zwischen zwei Kassen bzw. Kostenstellen des Schachverbands führen.“

4. Der Berufungsgegner konnte von den Kosten des Gerichtsverfahrens entlastet werden, nachdem die Verbandsorgane, insbesondere das Schiedsgericht nicht pflichtgemäß auf das Erfordernis der Schriftform hingewiesen hatten.

4. Die weiteren angesprochenen im Verfahren angesprochenen Fragen bedürfen hiernach keiner Entscheidung. Die Berufungsführer hatten eingewandt, da sie keine unterschriebene Ausfertigung der Entscheidung, sondern lediglich Anhang zu eMails erhalten hätten und die Entscheidung deshalb unwirksam sei. In der Tat unterliegen auch die Schiedsgerichte selbst dem Gebot der Schriftlichkeit der Entscheidung und sollten die Parteien unterzeichnete Ausfertigungen der gefällten Entscheidung erhalten. Vorliegend befindet sich allerdings ein unterzeichnetes Exemplar des Schiedsspruchs in der Gerichtsakte, so dass die Entscheidung tatsächlich existiert. Insoweit hätten die Berufungsführer noch um Erteilung einer unterzeichneten Ausfertigung bitten können.

5. Die Berufungsführer wenden ein, sie hätten einer Entscheidung durch den Vorsitzenden des Bezirksschiedsgerichts allein nicht zugestimmt. Das Gericht hatte den Parteien durch seinen Vorsitzenden mitgeteilt, dass das schriftliche Verfahren angeordnet werde und das Einverständnis der Parteien mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden allein unterstellt werde, wenn nicht innerhalb festgelegter Frist widersprochen werde. Diese Verfahrensweise ist zwar rechtlich nicht ohne Zweifel; die Zweifel bedürfen vorliegend wie dargelegt keiner Entscheidung.

6. Es kommt deshalb letztlich auch nicht auf die Frage an, wie in der Sache zu entscheiden gewesen wäre. Nicht von der Hand zu weisen ist der Hinweis der Berufungsführer auf H-2.2.3 der DSB-Schiedsordnung, wonach bei fehlerhafter Rangfolge alle zu tief eingesetzten Spieler ihre Partien verloren haben. Immerhin sind bei Zweifelsfragen übergeordnete Vorschriften zur Entscheidung heranzuziehen.

7. § 12 Abs. 5 Schiedsordnung verweist auf die Kostenregelungen des FGG und der StPO. Nach § 13 a Abs. 1 FGG werden in der Regel außergerichtliche Kosten nicht erstattet. Für das vorliegende Verfahren bestand kein Anlass, von dieser Regelung abzuweichen.

Dr. Rolf Gutmann