Spraitbach

Veröffentlicht am: 19.07.2000 von Holger Schröck in: Schiedsgericht » Urteile Drucken

In der Schiedssache

der Schachfreunde 90 Spraitbach
Protestführer/Berufungsführer (Gastmannschaft)

wegen Geldstrafe

hat das Verbandsschiedsgericht durch Dr. Rolf Gutmann als Vorsitzenden und Sven Noppes und Thomas Lakay als Beisitzer am 19.07.2000 für Recht erkannt:

Der Schiedsspruch des Bezirksschiedsgerichts Ostalb vom 2.5.2000 wird abgeändert. Ziffer 2 der Entscheidung der Bezirksspielleitung vom 14.3.2000 wird aufgehoben.

Dem Protestführer wird ein Verweis erteilt.

Der Protestführer trägt die Kosten des Verfahrens in der I. Instanz. Die Kosten des Verfahrens der II. Instanz trägt der Schachverband Württemberg. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Dem Protestführer wird die Berufungsgebühr erstattet.

Begründung:

I.

Die I. Mannschaft der Schachfreunde 90 Spraitbach fuhr am 20.2.2000 mit zwei Pkw zum Mannschaftskampf in der Landesliga Ostalb gegen den gastgebenden SK Heidenheim. Einer der beiden Pkw erlitt unterwegs ohne Fremdverschulden bei schneeglatter Fahrbahn einen Totalschaden. Infolgedessen erschienen drei Spieler um eine oder zwei Minuten nach Ablauf der Wartezeit und deshalb verspätet zum Wettkampf. Seitens des Protestführers wurde der damit eingetretene Partienverlust nicht anerkannt. Nach der Darstellung der Heimmannschaft stürmte der Spieler Alexander Ziegler mit Gebrüll in das Spiellokal, erklärte er sei nicht zu spät gekommen und warf mit Wucht seine Tasche durch den Raum an die Wand. Nach Darstellung der Gastmannschaft gab es eine verständliche kurze Diskussion. Dass der Spieler Ziegler die Tasche mit voller Wucht durch das Spiellokal an die Wand geworfen habe, sei eine maßlose Übertreibung.

Der Bezirksspielleiter verhängte gegen beide Mannschaften eine Geldstrafe in Höhe von DM 100,00. Gegen die von der I. Instanz bestätigte Strafe wendet die Gastmannschaft ergänzend ein, der Spielleiter habe nicht von sich aus tätig werden dürfen.

II.

a) Rechtsfehlerhaft wurde der Spielleiter von der I. Instanz als Verfahrensbeteiligter bezeichnet. Doch entspricht seine Rechtsstellung nur derjenigen eines Rechtspflegers, der gegen ihm nicht genehme Entscheidungen des übergeordneten Amtsrichters ebenfalls kein Rechtsmittel einlegen darf. Der Spielleiter ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verbandsschiedsgerichts deshalb nicht am weiteren Verfahren beteiligt.

b) Die Berufung wurde durch unterzeichnete Berufungsschrift am 23.5.2000 um 1 h, mithin verspätet eingelegt. Die Gastmannschaft erhielt den erstinstanzlichen Schiedsspruch am 10.5.2000. Die 10-Tagesfrist des § 13 Abs. 1 Schiedsordnung endet gemäß §§ 188 Abs. 2, 193 BGB (der 20.5.2000 war ein Samstag) am 22.5.2000. Der Gastmannschaft wird im Hinblick auf die Besonderheiten des vorliegenden Einzelfalls jedoch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Säumnis der Berufungsfrist gewährt.

c) Entgegen der Auffassung der Gastmannschaft hat der Spielleiter auch ohne Beanstandung Dritter von Amts wegen nach seinem billigen Ermessen Sanktionen zu verhängen. § 18 Schiedsordnung setzt lediglich Regelverstöße oder grob unsportliches Verhalten voraus.

d) Ein Regelverstoß lag auch dann vor, wenn man mit der Gastmannschaft und gegen die I. Instanz die gültige und nicht eine veraltete Fassung der FIDE-Regeln zu Grunde legt. Nach deren Art. 12.5 sind Störungen des Gegners verboten und muss gemäß Art. 13.4 vom Schiedsrichter bei einem Verstoß auf ein Strafmaßnahme entschieden werden.

Vorliegend wäre eine Verwarnung durch den Schiedsrichter in Betracht gekommen. Nachdem dieser untätig blieb, wird als angemessene Sanktion auf eine Verwarnung erkannt. Auch wenn der Spieler Ziegler seine Tasche mit weniger Kraft durch den Raum warf, war dieses Verhalten störend, zumal im Zusammenhang mit der nachfolgenden Diskussion um die Folgen des verspäteten Erscheinens.

Die Verhängung einer Geldstrafe erschien unangemessen. Dass der erlittene Verkehrsunfall die Spieler schon wegen der erlittenen persönlichen Gefahr erregt hatte, liegt auf der Hand. Es ist verständlich, wenn sich die Enttäuschung, trotz aller Mühe um eine und zwei Minuten verspätet erschienen zu sein, sich in unangemessenem Verhalten Bahn brach. Da nicht mit Kanonen auf Spatzen geschossen werden soll, genügte eine Verwarnung.

Sollte hiernach der Gastgeber eine Aufhebung der gegen ihn verhängten Geldstrafe im Gnadenwege erstreben, hätte das Verbandsschiedsgericht hierfür Verständnis. Es kann jedoch mangels Rechtsmittels diese überhöhte Strafe nicht aufheben.

III.

Bei der Kostenverteilung wurde berücksichtigt, dass die Gastmannschaft einen Freispruch erstrebte, aber doch auf eine Verwarnung zu erkennen war. Es bestand keine Veranlassung, die Erstattung außergerichtlicher Kosten anzuordnen.

Dr. Rolf Gutmann Thomas Lakay Sven Noppes