Daniel Töpfer   -   vom Oberliga-Schiedsrichter zum Bürgermeister

Veröffentlicht am: 09.03.2015 von Claus Seyfried in: Presse und Öffentlichkeitsarbeit Drucken

Aus den drei Jahren vom Herbst 2010 bis zum Frühjahr 2013, in denen ich bei den Stuttgarter Schachfreunden dazu vergattert war als Mannschaftsführer des Teams 2 in der Oberliga zu fungieren, ist mir genau einer der Schiedsrichter als besonders positive Erscheinung in Erinnerung geblieben.

Donnerwetter, was für ein smarter junger Typ dachte ich gleich bei der ersten Begegnung. Und wenige Jahre später begegnet mir derselbe smarte junge Typ wieder:  in einem großen Interview der Lokalausgabe Leonberg der Stuttgarter Zeitungsgruppe nimmt sein Foto eine halbe Zeitungsseite ein! Daniel Töpfer wurde im Juli 2014 im Alter von nur 25 Jahren als Bürgermeister in Weissach gewählt!



Nach Daniels Zusage, dem Schachverband Württemberg für ein Interview zur Verfügung zu stehen, haben wir diesen Artikel natürlich sofort in unseren SVW-Pressespiegel aufgenommen:

Daniel Töpfer im SVW-Pressespiegel
Direkt zum Artikel vom 30.01.2015

Webseite der Gemeinde Weissach
Persönliche Seite von Daniel Töpfer




 SVW:


Hallo Daniel,

Du hattest gerne zugestimmt, dass wir trotz Deines Bürgermeisteramtes bei dem unter Schachspielern weitgehend üblichen „Du“ bleiben.



 Daniel Töpfer:


Lieber Claus,

das ist doch klar! Ich bin ja immer noch der gleiche Mensch, auch wenn ich mich jetzt Bürgermeister nennen darf.


 SVW:


Zum Start eine simple Frage, die ich aber auf keinen Fall vergessen darf. Gibt es eine verwandtschaftliche Beziehung zum ehemaligen Bundesminister für Umwelt und späteren UNO-Exekutivdirektor (mit Dienstsitz in Nairobi) Klaus Töpfer?


 Daniel Töpfer:


Es gibt zwar nicht allzu viele „Töpfer“ in der Republik, aber mir ist nicht bekannt, dass ich mit Klaus Töpfer verwandt wäre.


 SVW:


Du hast in sehr jungen Jahren eine enorm wichtige Position erreicht, die in der Regel auch mit einer parteipolitischen Bindung einhergeht. In welchem Alter hattest Du Dich für eine Verwaltungskarriere entschieden und in welchem Alter begann Dein politisches Engagement?


 Daniel Töpfer:


Die Entscheidung, Verwaltungswissenschaften (neuerdings: Public management), zu studieren, habe ich vor gut 7 Jahren treffen müssen, da ich nach einem sehr schweren Motorradunfall nicht das studieren konnte, was ich ursprünglich wollte. Mein großes Ziel war schon als kleiner Bub, Kommissar zu werden. Das ging nach dem Unfall nicht mehr und so musste ein neues Studium her. Gelandet bin ich in der Verwaltung und ich kann sagen, dass es genau die richtige Entscheidung war. Politisch aktiv bin ich seit der Bundestagswahl 2009. Ich bin damals in die Junge Union - die Jugendorganisation der CDU - eingetreten und kurz darauf auch in die CDU.


 SVW:


Wie hat sich Deine Karriere entwickelt und seit wann bist Du Bürgermeister in Weissach?


 Daniel Töpfer:


Nach dem Landtagswahlkampf 2011 habe ich die Chance erhalten, bereits parallel zum Studium arbeiten zu können. So war ich dann als wissenschaftlicher Mitarbeiter einer Landtagsabgeordneten tätig. An der Hochschule habe ich mich stark engagiert, eine eigene Liste zu den Wahlen zum Senat aufgestellt und wurde auch prompt als Stimmenkönig gewählt. Nach dem Studium habe ich mich dann auf verschiedene Führungspositionen beworben. Das Auswahlverfahren für die Leitung einer Stabsstelle beim Oberbürgermeister in Böblingen konnte ich im März 2013 für mich entscheiden und war dann dort bis zu meinem Amtsantritt am 29. September 2014 tätig. Parallel bin ich seit Januar 2014 als Dozent an meiner ehemaligen Hochschule in Ludwigsburg tätig, das mache ich auch heute noch.


 SVW:


Und wie sieht es mit Deinem politischen Engagement aus? Ruht das jetzt oder bist Du weiterhin aktiv?


 Daniel Töpfer:


Bereits im Wahlkampf habe ich angekündigt, meine politischen Ämter abzugeben, sollte ich in Weissach als Bürgermeister gewählt werden. So kam es dann und ich habe im Februar dieses Jahres mein Amt als Kreisvorsitzender der Jungen Union Kreis Böblingen weitergegeben. Auch aus anderen Mandaten, bspw. in der CDU oder auf höheren Ebenen der Jungen Union, bin ich zwischenzeitlich ausgeschieden. Aktiv werde ich weiterhin bleiben, denn dazu braucht es kein Mandat bzw. Amt. Dazu macht mir die Politik zu viel Spaß, als dass ich sie gänzlich ruhen lassen könnte.


 SVW:


Jeder in unserer Region denkt bei der Gemeinde Weissach sofort an das Porsche-Entwicklungszentrum. Hat die Übernahme von Porsche durch VW zu einer großen finanziellen Einbuße für Weissach geführt, z.B. bei der Gewerbesteuer?


 Daniel Töpfer:


Die Übernahme der Porsche AG in den VW-Konzern hat für große Veränderungen für meine Gemeinde gesorgt. Da sich das Gewerbesteueraufkommen immer in Relation zur lokal vorhandenen Lohnsumme im Verhältnis zur gesamten Mitarbeiteranzahl des Betriebes bemisst, sind unsere Gewerbesteuereinnahmen stark gesunken. Das absolute Hoch gab es im Jahr 2009 mit rund 200 Mio. € Gewerbesteuereinnahmen. Zwischenzeitlich sind wir bei rund 20 Mio. €.


 SVW:


Welche besonderen Aufgaben hat der Bürgermeister von Weissach?


 Daniel Töpfer:


Grundsätzlich keine mehr oder weniger besonderen Aufgaben, als Bürgermeister umliegender Gemeinden. „Besonders“ ist aber sicherlich der Kontakt und die Projekte mit der Porsche AG.


 SVW:


Welche Ziele möchtest Du für Weissach erreichen?


 Daniel Töpfer:


Primär möchte ich das Rathaus zu einem echten Dienstleistungsbetrieb umbauen. Hier gibt es noch einiges zu tun und viel Verbesserungspotenzial. Und sobald dies abgeschlossen und wir wieder richtig einsatzfähig sind, widmen wir uns mit dem Gemeinderat unseren größeren Projekten wie bspw. die Verkehrsentlastung für unsere Ortsteile, die Entwicklung der Ortskerne oder auch die Haushaltskonsolidierung.


 SVW:


Als Bürgermeister hast Du auch Personalverantwortung. Da kann es sich ergeben, dass Du jemandem, dessen Kinder so alt sind wie Du selbst, sagen musst, dass seine Arbeitsleistung nicht OK ist. Wie fühlt man sich dabei, und wie schaffst Du es, dass die Kritik angenommen wird?


 Daniel Töpfer:


Als Bürgermeister bin ich verantwortlich für unsere rund 270 Mitarbeiter. Da kommt es auch regelmäßig vor, dass ich kritisch Personalgespräche führen und Personalentscheidungen treffen muss. Das Alter spielt dabei für mich keine Rolle, denn die Entscheidungen werden sachlich getroffen und den Betroffenen auch begründet. Mein Credo lautet, dies als fairer Partner zu bestreiten. Wenn ich kritische Entscheidungen fällen muss, fühle ich mich auch schon mal richtig mitgenommen, da oftmals ja auch Schicksale mit einem Arbeitsplatz verbunden sind und mein „Ja oder Nein“ dann darüber entscheidet. Aber ich trage als Arbeitgeber die Gesamtverantwortung und muss dies dann entsprechend abwägen. Kritik wird immer dann angenommen, wenn sie begründet und nachvollziehbar ist. Ich versuche immer, frühzeitig mit den Betroffenen zu sprechen und gemeinsam Lösungen zu finden. Bislang habe ich die Erfahrung gemacht, dass dies ganz gut funktioniert und von meinen Mitarbeitern auch als positiv empfunden wird.


 SVW:


Wer so jung Bürgermeister wird, fällt auf und wird schnell für höhere Weihen ins Gespräch gebracht. Wie lange möchtest Du mindestens Bürgermeister in Weissach bleiben bevor weitere Karriereschritte in Frage kommen?


 Daniel Töpfer:


Meine Amtszeit als Bürgermeister beträgt acht Jahre. Ich habe immer schon deutlich gesagt, dass ich nach acht Jahren erneut kandidieren werde, sofern ich nicht schon vorher merke, dass die Bevölkerung sich ein neues Gemeindeoberhaupt wünscht. Ob und wann vielleicht eine berufliche Veränderung ansteht, kann ich heute überhaupt nicht sagen. Ich fühle mich wohl in Weissach und möchte jetzt einen guten Job machen. Alles andere liegt in der Zukunft.


 SVW:


Wurdest Du schon für Landesämter ins Gespräch gebracht für den Fall, dass Deine Partei mal wieder Regierungspartei wird?


 Daniel Töpfer:


Innerhalb der Partei und auch im „Dunstkreis“ der Politik wird sehr viel spekuliert und gesprochen. Ich wurde schon hin und wieder als möglicher Landtagskandidat gehandelt und auch andere Positionen traut man mir - bspw. auch die Zeitung in unregelmäßigen Abständen - zu. Das freut mich - kommt für mich derzeit aber nicht in Frage.


 SVW:


Wieviel Freizeit bleibt einem Bürgermeister von Weissach und wie nutzt Du die knappe Zeit?


 Daniel Töpfer:


Sehr wenig. Oftmals verschmilzt „Beruf“ und „Privatleben“ auch. Bspw. beim Besuch eines Festes oder einer Veranstaltung in der Gemeinde. Wenn ich wirklich mal komplett „freie Zeit“ habe, nutze ich sie für Sport, Freunde und Familie.


 SVW:


Thema Schach. Wissen die Bürger von Weissach, dass Du auch Schachspieler bist?


 Daniel Töpfer:


Davon gehe ich aus. In meiner Wahlkampf-Broschüre und bspw. auch auf meiner Homepage habe ich das ganz deutlich formuliert.


 SVW:


Ist der „Job“ als Oberliga-Schiedsrichter nicht manchmal etwas langweilig? Insbesondere seitdem die Einführung des Inkrements die ganz wüsten Zeitnotschlachten verhindert?


 Daniel Töpfer:


Das hängt von der Begegnung ab. Es gibt ganz entspannte Spielsonntage, aber es kann auch schon mal richtig hitzig zugehen. Und natürlich habe ich auch schon Partien begleitet, bei denen ich fast eingeschlafen bin. Am besten hat mir immer die Zeitnotschlacht gefallen, deswegen konnte ich mich nie richtig für die Einführung des Inkrements begeistern.


 SVW:


Gibt es ein Ereignis aus Deiner Zeit als Schiedsrichter, das Du nie vergessen wirst?


 Daniel Töpfer:


Ich durfte als Schiedsrichter in Stuttgart die Bezirksmeisterschaften leiten. Das liegt nun schon ein paar Jahre zurück, ist mir aber immer noch gut in Erinnerung. Damals habe ich einen Spieler nach mehreren unschönen Vorfällen (bis hin zum Umherwerfen mit Schachfiguren) vom Turnier ausgeschlossen. Ich denke, das werde ich so schnell nicht vergessen, weil solche Vorfälle ja wirklich eher selten sind, insbesondere bei den spielstarken Spielern.


 SVW:


Welche besonderen Fähigkeiten oder Skills, die beim Schach oder als Schiedsrichter wichtig waren, nutzen Dir auch jetzt bei Deiner Tätigkeit als Bürgermeister?


 Daniel Töpfer:


Allen voran die Geduld und Konzentrationsfähigkeit, die man für lange und intensive Schachpartien benötigt. Davon profitiere ich auch im „Beruf“, denn oftmals geht etwas nicht so schnell, wie man es gerne hätte. Sich auch mit kritischen oder schwierigen Dingen intensiv auseinanderzusetzen, sie logisch zu durchdenken und zu strukturieren, auch davon kann ich heute sicher zehren.


 SVW:


Ist die Eigenschaft „Schachspieler“ eher günstig fürs Image oder eher nachteilig?


 Daniel Töpfer:


Sowohl als auch. Mit dem Schachspielen verbinden die Menschen ganz viele verschiedene Eigenschaften. So kann es positiv sein, da Schachspieler bspw. als intelligent, taktisch und besonnen gelten, aber auf der Kehrseite bspw. auch als eher introvertiert, zurückgezogen und „Einzelkämpfer“ beschrieben werden. Grundsätzlich empfinde ich die Eigenschaft, ein Schachspieler zu sein, aber als sehr positiv.


 SVW:


Von welchen schachspielenden Politikern weißt Du, und welche sind Dir persönlich bekannt?


 Daniel Töpfer:


Schachspielende Politiker sind in Deutschland ja keine Seltenheit. Ich denke bspw. an den leider kürzlich verstorbenen Richard von Weizsäcker, Helmut Schmidt, Peer Steinbrück, Otto Schily oder auch Jürgen Trittin. Persönlich bekannt sind mir aber alle nicht. Einige unserer Landtagsabgeordneten sind Schachspieler und mir gut bekannt und es gibt auch ein paar Bürgermeisterkollegen, die Spaß am königlichen Spiel haben (bspw. Ulrich Schwarz, Erster Bürgermeister in Böblingen).


 SVW:


Bleibt Dir noch Zeit fürs Schach? Selbst zu spielen oder die Schachszene zu beobachten?


 Daniel Töpfer:


Aktiv spielen kann ich aufgrund der zeitlichen Inanspruchnahme derzeit leider nicht. Meine letzte Partie in der Landesliga liegt sicher schon bald zwei Jahre zurück. Hin und wieder lese ich auf einschlägigen Homepages zu aktuellen Meisterschaften o.ä., aber im Vergleich zu meiner „aktiven Schachzeit“ hat das deutlich abgenommen.


 SVW:


Spielst Du vielleicht manchmal - mitten in der Nacht oder während der Arbeitspausen - auf schach.de oder auf ICC ?


 Daniel Töpfer:


Das trifft es auf den Punkt. Im Smartphonezeitalter ist die Schachapp schnell installiert. Ich nutze Shredder auf dem iPhone und spiele - wie angenommen - in „Arbeitspausen“ und vor allem nach dem Feierabend in den Nachtstunden online Blitzpartien, ob bei shredderchess oder auf schach.de


 SVW:


Wie oft schaust Du auf unserer Verbandsseite www.svw.info nach Neuigkeiten?


 Daniel Töpfer:


Gelegentlich ☺


 SVW:


In der Schachszene gibt es auffallend viele, eigentlich begabte Leute, deren berufliche Karriere das Gegenteil von Deiner ist. Nämlich gar nicht erfolgreich. Stimmst Du dieser Beobachtung zu? Und wenn ja, welche Erklärung gibt es dafür?


 Daniel Töpfer:


Beruflich erfolgreich ist man aber nicht nur, wenn man Bürgermeister wird! Ich kenne viele Schachspieler, die erfolgreiche Karrieren in Betrieben, Unternehmen oder Behörden gemacht haben oder aktuell machen. Aber ich kann Deine Beobachtung nur unterstreichen. Ich habe viele talentierte Schachspieler kennengelernt, die am Brett und in ihrer Sportart wirklich Genies sind, aber in anderen Bereichen - sei es der Beruf oder die zwischenmenschliche Ebene - Defizite haben. Ich finde das sehr schade, denn dort schlummern ganz tolle und große Potenziale. Vielleicht spielt da das vorher genannte, nämlich die mit Schachspielern verknüpften Eigenschaften, eine Rolle. Stereotypen sind manchmal nur schwer zu durchbrechen. Da liegt es dann sowohl an unseren Schachfreunden als auch am Gegenüber, damit aufzuräumen. Und der ein oder andere Schachspieler darf ruhig etwas „mutiger“ sein. Denn oftmals ist die mutmaßliche Hürde, die es zu nehmen gilt, niedriger, als angenommen.


 SVW:


Unser Vizepräsident und Breitenschachreferent Walter Pungartnik hatte Dich schon letzten November zum Prominententurnier ins Schloss Lichtenstein eingeladen. Leider konntest Du den Termin nicht wahrnehmen. Wie stehen unsere Chancen beim nächsten Mal?


 Daniel Töpfer:


Ich wäre letztes Jahr so gerne gekommen, war aber nach rund sechs Wochen im Amt bereits terminlich so arg eingespannt, dass mein Kalender diesem Wunsch einen Riegel vorgeschoben hat. Für das laufende Jahr ist der Termin notiert und ich habe feste vor, teilzunehmen!


 SVW:


Lieber Daniel,

vielen herzlichen Dank für Deine Antworten. Wir hoffen, dass Du dem Schach treu bleibst, soweit es Deine Zeit erlaubt, und wünschen Dir alles Gute für Deine weitere berufliche Karriere und fürs Leben!




Claus Seyfried
Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit