Bebenhausen - Deizisau

Veröffentlicht am: 12.01.2000 von Importfilter in: Schiedsgericht » Urteile Drucken

 


In der Schiedssache
des Schachklubs Bebenhausen 1992 e.V. gegen die Schachfreunde Deizisau
wegen Lärmbelästigung
hat das Verbandsschiedsgericht durch Dr. Rolf Gutmann als Vorsitzenden und Thomas Lakay und Werner Musolff als Beisitzer
am 12.1.2000 für Recht erkannt:
Ziffer 4) des Schiedsspruchs des Bezirksschiedsgerichts des Schachbezirks Neckar/Fils vom 14.2.1999 wird aufgehoben.
Ziffer 6) des Schiedsspruchs wird abgeändert. Dem Berufungsführer werden die Protestgebühr ganz und von der Berufungsgebühr DM 20,00 erstattet. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Tatbestand:
Der Berufungsführer wendet sich gegen die Wertung eines Pokalwettkampfes mit 0 : 4 zu seinen Lasten und die Verhängung einer Geldstrafe.
Am 16.1.1999 empfing der Sk Bebenhausen I die II. Mannschaft der SF Deizisau. Bei Beginn des Wettkampfes im Spiellokal, dem Nebenraum einer Gaststätte, teilte der Gastgeber mit, daß nach 2 1/4 Stunden der Nebenraum nicht mehr zur Verfügung stehe und ein Umzug in den Nichtraucherbereich der Gaststätte erfolgen müsse. Dieser Umzug fand nachfolgend statt. Als sich die Spielbedingungen insbesondere durch Lärm zunehmend verschlechterten, der von einer im Nebenzimmer befindlichen Kindergruppe ausging, legte der Mannschaftsführer der Gästemannschaft Protest ein. Der Gastgeber sah keine Möglichkeit zur Abhilfe. Der Protest wurde auf der Spielberichtskarte vermerkt.
Der Spielleiter verhängte wegen dieses Verstoßes gegen den Gastgeber eine Geldstrafe in Höhe von DM 150 und änderte die Spielwertung nicht ab. Auf beidseitigen Protest änderte das Bezirksschiedsgericht das Spielergebnis zu Lasten des Gastgebers von 3 : 1 auf 0 : 4 ab und ermäßigte die Geldstrafe auf DM 50. Der Gastgeber habe durch die Wahl eines ungeeigneten Spiellokals gegen seine Verpflichtung nach § 2 Abs. 4 a) WTO verstoßen, aber auch gegen das absolute Rauchverbot nach § 1 Abs. 6 d) WTO.
Der Gastgeber betont, dass die verhängte Strafe viel zu hoch sei und ihn die Abänderung der Spielwertung besonders hart treffe. Er beantragte in der Berufungsschrift in Abänderung des Schiedsspruchs des Bezirksschiedsgerichts Neckar/Fils die verhängte Geldstrafe insgesamt aufzuheben und den Protest der Gäste gegen die Spielwertung zurückzuweisen, hilfsweise Durchführung eines Wiederholungskampfes.
Der Gastgeber habe den von der Jugendgruppe ausgehenden Lärm sehr bedauert und nicht gewusst, dass die vom Wirt angekündigte "Gesellschaft" aus Kindern bestehe. Im übrigen seien die Vorwürfe im Schiedsspruch gegen die Eignung des Spiellokals verfehlt.

Begründung:
Die Berufung wurde rechtzeitig eingelegt. Der Gastgeber erhielt den Schiedsspruch vom 14.2.1999 am 24.2.1999 und legte mit Schreiben vom 3.3.1999 Berufung ein. - Der Spielleiter traf seine Entscheidung am 26.1.1999. Der Protest der Gastgeber vom 7.2.1999 und derjenige der Gästemannschaft vom 31.1.1999 waren jeweils fristgerecht.
Nach Ablauf der Saison hat der Gastgeber ein unverändertes Interesse an der Aufhebung der ihm auferlegten Geldstrafe und im Hinblick auf eine Wiederholungsgefahr ein schützenswertes Interesse an der Feststellung, ob ihm gegenüber rechtswidrig entschieden wurde.
Hinsichtlich der Wertung des Spielergebnisses kann der Argumentation des Gastgebers nicht gefolgt werden. § 2 Abs. 4 a) WTO i. d. F. vom 14.6.1997 (abgedruckt in: Rochade Württemberg 9/1997) bezeichnet als Pflicht des gastgebenden Vereins die "Bereitstellung eines geeigneten Spiellokals". Diese Verpflichtung ist stets einzuhalten. Selbst wenn ein Verein schuldlos gegen sie verstößt, geht die mangelnde Eignung zu seinen Lasten. Dies ergibt sich eindeutig aus § 2 Abs. 4 c) Satz 1 WTO. Nur in Fällen höherer Gewalt, wenn also das Unvermögen, dieser Pflicht zu entsprechen, nicht rechtzeitig erkannt werden kann, wäre ihm dies nicht zur Last zu legen. (Ein extremes Beispiel wäre ein Brand im Spiellokal am Vorabend des Wettkampfes). Der Gastgeber konnte vor dem Wettkampf durch Befragen des Gastwirts feststellen, welcher Art die Gesellschaft sei, der das Nebenzimmer überlassen war und hätte danach ein anderes Spiellokal suchen können.
Hinsichtlich der verhängten Geldstrafe hat die Berufung Erfolg. Voraussetzung für die Verhängung einer Geldstrafe ist gemäß § 18 Abs. 3 d) Schiedsordnung ein grob unsportliches Verhalten. Ein solches grob unsportliches Verhalten vermag das Verbandsschiedsgericht in dem unerwarteten Lärm durch eine aus Kindern bestehende Gesellschaft nicht zu erkennen. Insoweit kann dem Gastgeber nur fahrlässiges Fehlverhalten zur Last gelegt werden. Der Gastgeber hat jedoch nicht sehenden Auges ein ungeeignetes Spiellokal gewählt.
Dem Verbandsschiedsgericht ist durch sein Mitglied Musolff die Örtlichkeit bekannt. Für die Durchführung eines Wettkampfes an einem Samstag nachmittag ist der Nichtraucherbereich der Gaststätte zwar wenig geeignet, aber doch nicht vollständig ungeeignet. Üblicherweise ist an einem Samstag nachmittag in dieser Gaststätte wenig Besuch und damit geringe Lärmbelästigung zu erwarten. Auch die Musik stört nur wenig.
Ein Verstoß gegen das Rauchverbot kann ebenfalls nicht festgestellt werden. Die Gastmannschaft durfte davon ausgehen, dass im Nichtraucherbereich einer Gaststätte kein Rauch auftritt.
Dem Gastgeber ist ein vorsätzlicher Verstoss gegen seine Verpflichtung vorzuhalten, ein geeignetes Spiellokal zur Verfügung zu stellen. Ein Spiellokal ist geeignet, wenn dort alle Partien ohne Unterbrechung am Brett beendet werden können. Unterbrechungen der Partien sind nicht (mehr) zulässig. Indem der Gastgeber von vornherein ein Spiellokal wählte, in dem die Partien bei Ausschöpfung der Bedenkzeit nicht zu Ende gespielt werden konnten, sondern zur Fortsetzung unterbrochen werden mussten, wählte er in vollem Bewußtsein ein ungeeignetes Spiellokal. Dieser vorsätzliche Regelverstoss hat jedoch noch nicht das Gewicht einer groben Unsportlichkeit. Dies wird schon daran erkennbar, dass die Gastmannschaft die Zumutung, die in dem Verlangen nach Unterbrechung und Umzug zu einem festgelegten Zeitpunkt bestand, als hinnehmbar empfand und noch nicht einmal mit einem sofortigen Protest reagierte.
§ 12 Abs. 5 Schiedsordnung verweist auf die Kostenregelung des FGG und der StPO. Nach § 13 a FGG werden in der Regel außergerichtliche Kosten nicht erstattet. Für das vorliegende Berufungsverfahren bestand kein Anlass, von dieser Regelung abzuweichen. Die Protestgebühr ist in voller Höhe zu erstatten, weil der Protest gegen die vom Spielleiter verhängte Geldstrafe in vollem Umfang erfolgreich war. Im Berufungsverfahren unterlag der Gastgeber zum weitaus überwiegenden Teil; es können lediglich 1/5 der Berufungsgebühr entsprechend dem Verhältnis zwischen Obsiegen und Unterliegen erstattet werden.


Dr. Rolf Gutmann
Thomas Lakay
Werner Musolff