Nachmeldung eines Spielers

Veröffentlicht am: 30.06.2019 von Holger Schröck in: Schiedsgericht » Urteile Drucken

In Sachen

TG Biberach e.V., Abteilung Schach
vertreten durch den Schatzmeister
– Protestführer –
gegen
Stuttgarter Schachfreunde 1879 e.V.
vertreten durch den 1. Vorstand
– Protestgegner –
wegen: Nachmeldung eines Spielers

hat das Verbandsschiedsgericht des Schachverbands Württemberg am 06.04.2019 durch den Vorsitzenden Alexander Häcker und die Beisitzer Michael Schwerteck und Achim Jooß entschieden:

  1. Der Protest wird zurückgewiesen.
  2. Der Protestführer trägt die Kosten des Verfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Sachverhalt:

Die Parteien trafen am 24.03.2019 in der 8. Runde der Oberliga aufeinander. Der Protestgegner, der mit 4,5:3,5 gewann, setzte dabei zum ersten Mal den Spieler Ivan Schitco ein (der am 1. Brett gewann). Den Spieler Schitco hatte der Protestgegner am 31.12.2018 nachgemeldet, wobei es zu folgendem Ablauf kam:

Der Protestgegner gab am Abend des 31.12.2018 im Online-Portal des Schachverbandes ein, dass der (in dieser Oberliga-Saison noch nicht nominierte) Spieler Gerstenberger gestrichen und dafür an Brett 2 der Spieler Schitco nachgemeldet werden soll. Dabei wurden u.a. Geburtsdatum und -ort, nicht aber der Wohnort des Spielers angegeben. Über die Eingabe im Portal erhielt der Staffelleiter der Oberliga eine automatische Benachrichtigung per E-Mail. Die Nachmeldegebühr ging am 07.01.2019 auf dem Konto des Schachverbandes ein. Zum Zeitpunkt der 5. Runde der Oberliga am 13.01.2019 wurde die Nachmeldung im (allgemein einsehbaren) Online-Ergebnisdienst noch nicht angezeigt, dort stand noch der Spieler Gerstenberger im Kader des Protestgegners. Am 14.01.2019 schickte der Staffelleiter an alle Mannschaften der Oberliga ein Rundschreiben, mit dem die Nachmeldung bekanntgegeben wurde.

Der Protestführer legte noch am 24.03.2019 Einspruch ein mit dem Antrag, die Partie an Brett 1 zu annullieren und den Mannschaftskampf mit 3,5:3,5 zu werten. Er vertritt die Auffassung, dass der Spieler Schitco nicht rechtzeitig zum 31.12.2018 nachgemeldet wurde. Die Nachmeldedaten seien unvollständig gewesen, die Nachmeldegebühr sei erst am 07.01.2019 eingegangen und die Streichung des Spielers Gerstenberger sei ebenfalls erst im Jahr 2019 vollzogen worden. Außerdem sei laut dem Startschreiben zur Oberliga neben der Nachmeldung im Portal eine E-Mail an den Staffelleiter erforderlich. Aufgrund dieses Ablaufs hätte der Protestgegner die Nachmeldung noch vor der 5. Runde zurücknehmen und den Spieler Gerstenberger am 13.01.2019 einsetzen können. Wäre dies zulässig, würden sich Manipulationsmöglichkeiten für nachmeldende Vereine ergeben.

Mit Entscheidung vom 25.03.2019 lehnte der Verbandsspielleiter in Vertretung des befangenen Staffelleiters den Einspruch ab. Er hält den Einspruch bereits für verfristet und damit unzulässig (auch wenn der Einspruch in der Entscheidung wohl versehentlich als „zulässig“ bezeichnet wird), da dieser bereits innerhalb von zehn Tagen (§ 17 Abs. 1 SchiedsO) nach der Bekanntgabe der Nachmeldung am 14.01.2019 und nicht erst nach dem Einsatz am 24.03.2019 eingelegt werden müsse. Der Einspruch sei außerdem unbegründet. Bis zum 31.12. müsse gemäß § 9 Abs. 2 Satz 7 WTO lediglich die Nachmeldung im Portal erfolgen, aber nicht die Zahlung der Nachmeldegebühr. Wie sich aus dem Startschreiben ergebe, sei der Zahlungseingang (nur) Voraussetzung für die Erteilung der Teilnahmeberechtigung. Aus Sicht des Verbandsspielleiters habe der Protestgegner am 13.01.2019 keinen der beiden Spieler Schitco (noch nicht) und Gerstenberger (nicht mehr) einsetzen dürfen.

Gegen diese Entscheidung legte der Protestführer am 26.03.2019 per E-Mail Protest ein und ergänzte seinen Vortrag. Einen Einspruch bereits gegen die Nachmeldung zu verlangen sei unsinnig, wenn der nachgemeldete Spieler später gar nicht zum Einsatz komme. Im Wesentlichen stütze sich der Protest darauf, dass ein nachmeldender Verein die Nachmeldung vor deren Bekanntgabe wieder im Portal rückgängig machen und daher durch eine verzögerte Zahlung der Protestgebühr taktieren könne.

Der Protestgegner stimmt der Auffassung des Verbandsspielleiters zu, dass ein Einspruch bereits gegen die Bekanntgabe der Nachmeldung erfolgen müsse, andernfalls bestünde für den nachmeldenden Verein eine unerträgliche Rechtsunsicherheit.

Im Übrigen wird auf die Akten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Protest ist zulässig, aber nicht begründet.

I.

Der Protestführer hat zu Recht erst gegen den Einsatz des nachgemeldeten Spielers und nicht schon gegen die Nachmeldung selbst Einspruch eingelegt. Das Verbandsschiedsgericht hatte bereits in dem Schiedsspruch Urach ./. Lichtenstein vom 02.11.1999 Folgendes ausgeführt:

„Es ist schon zweifelhaft, ob ein Protest gegen die Mitteilung des Spielleiters über die Nachmeldung eines Spielers zulässig ist. […]

Die Nachmeldung schafft die Möglichkeit des Einsatzes eines Spielers. Er wird aber dadurch noch nicht konkret eingesetzt. Es kann sein, dass ein nachgemeldeter Spieler in der Saison überhaupt nicht eingesetzt wird. Es erscheint sinnlos, ein Schiedsgerichtsverfahren wegen der bloßen Möglichkeit eines Einsatzes eines Spielers im Wettkampf zuzulassen.

Es ist weiter kein Grund dafür ersichtlich, die Nachmeldung eines Spielers anders zu behandeln als die Meldung einer Mannschaft zu Saisonbeginn. In beiden Fällen besteht nach [§ 5 Abs. 2 Satz 3 WTO n.F.] ohne Genehmigung der Spielleitung keine Spielerlaubnis. Die Mannschaftsmeldung bzw. deren Mitteilung an die Vereine dürfte noch keinen angreifbaren Rechtsakt darstellen. Nach § 10 Abs. 1 WTO ist bei Beginn des Wettkampfes die gegnerische Mannschaftsaufstellung zu prüfen. Dies bedeutet, dass bei Beginn des Wettkampfes die Spielerlaubnis nachzuweisen ist. In diesem Zeitpunkt sind Bedenken gegen die Aufstellung eines Spielers anzubringen. […]“

An diesen Erwägungen hält das Verbandsschiedsgericht fest. In der Tat ist kein Grund erkennbar, warum die Bekanntgabe einer Nachmeldung anders zu behandeln wäre als die Bekanntgabe der Mannschaftskader zu Saisonbeginn. Eine andere Auffassung würde deshalb dazu führen, dass Vereine unmittelbar zu Saisonbeginn sämtliche gegnerische Kader überprüfen und gegebenenfalls Einspruch gegen die Meldung einzelner Spieler oder die Reihenfolge einlegen müssten, obwohl eine spätere Betroffenheit noch überhaupt nicht absehbar ist.
II.
Der Protest ist aber nicht begründet.
  1. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 7 WTO sind Nachmeldungen in der Oberliga und in der Verbandsliga nur bis zum 31.12. möglich. Dabei dürfen nur solche Spieler nachgemeldet werden, für die eine Spielberechtigung für den betreffenden Verein vorliegt (§ 9 Abs. 2 Satz 1 WTO). Ist in dem Kader kein Platz mehr frei, muss vor oder zeitgleich mit der Nachmeldung ein Spieler gestrichen werden (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 3 WTO). Die Streichung des Spielers Gerstenberger und die Nachmeldung des Spielers Schitco hat der Protestgegner fristgerecht im Portal vorgenommen. Die Prüfung, technische Bearbeitung und Bekanntgabe sowohl der Streichung als auch der Nachmeldung sowie die Erteilung der Teilnahmeberechtigung (§ 3 Abs. 1 WTO) kann der nachmeldende Verein nicht beeinflussen, sie liegen in der Verantwortung des Verbandes. Die Eingaben des Vereins im Portal können daher nur als Antrag auf Streichung und Nachmeldung angesehen werden, hier verbunden mit dem Antrag auf Erteilung einer Spielberechtigung. Dies genügt zur Wahrung der Frist zum 31.12. Wirksam werden die beantragten Änderungen erst mit ihrer Bekanntgabe (sei es im Ergebnisdienst oder per Rundmail etc.).

  2. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass am 31.12. noch keine Nachmeldegebühr eingegangen war, der Protestgegner keine zusätzliche E-Mail an den Staffelleiter geschickt hatte und den Wohnort des nachgemeldeten Spielers nicht angegeben hatte. Eine Nachmeldegebühr und eine E-Mail an den Staffelleiter werden nicht in der WTO, sondern nur in dem Startschreiben der Oberliga verlangt. Es ist bereits fraglich, ob solche zusätzlichen Anforderungen einer Fristwahrung nach § 9 Abs. 2 Satz 7 WTO entgegenstehen können. Eine E-Mail wurde aber durch die Eingabe im Portal ohnehin automatisch an den Staffelleiter versandt, sodass diese Voraussetzung als erfüllt anzusehen ist. Die Zahlung der Nachmeldegebühr ist nach dem Startschreiben (ebenso wie das Vorliegen einer Spielberechtigung und Bekanntgabe der Nachmeldung) nur Voraussetzung für die Erteilung einer Teilnahmeberechtigung. Diese ist aber, worauf auch der Verbandsspielleiter hinweist, unabhängig von der Nachmeldung und daher auch von der Frist zum 31.12.

    Voraussetzung für den Antrag auf Ausstellung einer Spielgenehmigung ist nach Nr. 8 der Spielerpassordnung, die Bestandteil der WTO ist (§ 5 Abs. 1 Satz 2 WTO), zwar die Angabe des Wohnorts. Soweit solche Daten für die Erteilung einer Spielberechtigung überhaupt zwingend erforderlich sind (auch eine Person ohne festen Wohnsitz könnte Interesse an einer Spielberechtigung haben), können sie aber nachgereicht werden. Zur Wahrung der Frist des § 9 Abs. 2 Satz 7 WTO genügt, dass die nachgemeldete Person zweifelsfrei individualisierbar ist und keine Hinderungsgründe bestehen, ihr eine Spielberechtigung zu erteilen. Das war hier durch Angabe von Geburtsdatum und -ort der Fall und wird auch von dem Protestführer nicht in Frage gestellt.

  3. Nicht von der Hand zu weisen sind die Bedenken des Protestführers, dass ein nachmeldender Verein unter Umständen an einer Verzögerung der Bekanntgabe der Nachmeldung interessiert sein könnte. Das Verbandsschiedsgericht geht ebenfalls davon aus, dass der nachmeldende Verein vor der Bekanntgabe und damit vor dem Wirksamwerden der Streichung und der Nachmeldung beide Änderungen im Portal zurücknehmen und zukünftig doch den „gestrichenen“ Spieler einsetzen könnte. Wenn die Nachmeldung erst mit der Bekanntgabe wirksam wird, muss dasselbe auch für die Streichung gelten. Allerdings liegt es insoweit in der Verantwortung des Verbandes, eine kurzfristige Bearbeitung und Bekanntgabe der Änderungen sicherzustellen. Dass dies hier erst zwei Wochen später am 14.01.2019 erfolgt ist, kann nicht dem Protestgegner angelastet werden.

    Falls ein nachmeldender Verein tatsächlich die Zahlung der Nachmeldegebühr bewusst verzögert, um sich eine Rücknahme der Nachmeldung (und vor allem der damit verbundenen Streichung eines anderen Spielers) offen zu halten, kann der Spielleiter dem entgegenwirken, indem er zunächst die Streichung bekannt gibt und die Erteilung der Teilnahmeberechtigung des nachgemeldeten Spielers von dem Eingang der Nachmeldegebühr abhängig macht. Manipulationsmöglichkeiten können so verhindert werden. Um solche geht es hier aber ohnehin nicht, zumal die Nachmeldegebühr immerhin am 07.01.2019 einging.

III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 12 SchiedsO.
Alexander Häcker
Michael Schwerteck
Achim Jooß