Bericht über den FIDE- und A-Trainerlehrgang in Köln

Veröffentlicht am: 24.02.2019 von Hans-Joachim Petri in: Referat Ausbildung » Berichte Drucken


FIDE- und A-Trainer-Lehrgang in Köln



"Von 14. bis 17. Februar kamen über ein Dutzend B-Trainer aus der gesamten Bundesregion in der Trainerakademie Köln zusammen, um sich zum A-Trainer ausbilden zu lassen. Komplettiert wurden die Teilnehmer um B-Trainer, die das verlängerte Wochenende zur Auffrischung ihrer B-Trainerlizenz gebrauchten, sowie um zwei ausländische Gäste, themeninteressierte Referenten sowie teilweise deren Angehörigen

Aus Baden-Württemberg nahmen Andreas Vinke (Karlsruher SF), Julian Maisch (SF Kornwestheim) und Philipp Müller (SC Neckarsulm / SF HN-Biberach) am Lehrgang teil. Alle drei waren in jüngster Vergangenheit ziemlich erfolgreich als Trainer bei Deutschen Meisterschaften dabei, z.B. brillierten Julians U14er Jungs vor knappen zwei Monaten in der DVM der Altersklasse U14.

Zusätzlich zu den beiden C- und B-Trainerlizenzen ist eine Spielstärke von ca. 2250 DWZ bei den Männern erforderlich, um zur A-Trainerausbildung zugelassen zu werden. Da Fachkompetenz alleine aber nicht ausreicht, sondern insbesondere Sozial- und Methodenkompetenz immer stärker gefragt werden, braucht sich auch ein spielschwächerer Spieler nicht davor zu verstecken, sich zum A-Trainer auszubilden. Früher war die Spielstärke sogar jenseits der Fidemeisterstärke (>2300 DWZ) gelegen. Der DSB passt die Grenzen eher nach unten an, um nach wie vor nicht jedermann, aber ein paar Leute mehr zum A-Trainer zuzulassen.

Von Donnerstag bis Sonntag wurden die Teilnehmer durch den 64-jährigen GM Adrian Mikhalchishin fachmännisch und vor allem sehr unterhaltsam durch den Lehrgang geführt. Aus ihm sprudelten zahlreiche Anekdoten, Prinzipien wie die Capablanca-Regel, nach der man die Bauern auf dieselbe Felderfarbe platzieren sollte wie der gegnerische Läufer, seine Bauern aber auf die andere Farbe wie der eigene Läufer, wurden anhand eigener Erfahrungen erläutert. So schob Mikhalchishin in den 70ern mal seinen isolierten c6-Bauern auf c5 vor und verschloss wenig später die d-Linie mittels ...Lg7-d4. Nach der Partie, die er qualvoll verlor, da er nichts machen konnte, kam ein damaliger GM auf ihn zu und meinte: "Junge, was hast du gemacht? So eine schöne Stellung und du spielst einfach c5. Komm zu mir, Junge, und ich werde dich trainieren und zeige dir, wie du spielen musst!" Wie man sich denken kann, prägte sich auf diese Art und Weise die Capablanca-Regel bei den Trainerlehrlingen wunderbar ein.

So machte es auch nichts, dass sich der vor Wissen fast platzende GM nicht immer akkurat an den Zeitplan hielt und Themen wie "wie bauche ich ein Repertoire auf?" nur ankratzte, da jeder Teilnehmer sehr viel mitnehmen konnte.

Smyslovs Ansatz bei taktischen Stellungen.

  1. sich nach Schachmöglichkeiten umsehen,
  2. auf Fesselungsmöglichkeiten achten,
  3. auf Doppelangriffe achten,
  4. auf ungedeckte Figuren und Bauern achten,
    Die Dorfman-Methode
  1. Königssicherheit,
  2. Material,
  3. Bauernstruktur/Schwächen,
  4. Stellung nach dem Damenabtausch
und die Frage nach dem Abtausch waren nur wenige einiger weiterer Themen, über die der GM mit sehr viel Freude und Liebe fürs Detail sprach.

Kaum war der Lehrgang vorbei, veröffentlichte er ein Turmendspielbuch beim Chess Evolution Verlag.

Neben der "klassischen Schachschule" referierten aber noch eine Sportpsychologin über Sexualisierte Gewalt, ein Tabuthema, mit dem sich der Sport öffentlichkeitswirksam und gewissenhaft erst seit knapp einem Jahrzehnt auseinandersetzt. Das Thema wurde intensiv behandelt und in einem Workshop arbeiteten Gruppen vorgegebene Extremsituationen durch, wobei sie den anderen Gruppen im Nachgang vorstellten, was in ihrem Szenario geschehen ist, was sie empfehlen und wie man weiter präventiv dergleichen Missetaten bekämpfen könne. Der Internationale Schiedsrichter Klaus Deveter sprach mit uns über die allgemeinen Schachregeln und über den Fairplaygedanken, insbesondere im Schach. Teils regelunkundige Spieler frischten somit ihre Kenntnisse über das Regelwerk auf. Da unter den B-Trainern auch einige Schiedsrichter saßen, konnten die undenkbarsten tatsächlich geschehenen Vorfälle angesprochen und durchexerziert werden. So nahm auch dieser Vortrag eher die Form eines regen und intensiven Austauschs an - wer Langeweile erwartete, wurde enttäuscht. Als vierter Referent berichtete Andreas Jagodzinsky über den Leistungssport, immerhin ist er Vorgesetzter des Bundesnachwuchstrainers Bernd Vökler und des Bundestrainers Dorian Rogozenco. Das Prinzenprojekt wurde nähergebracht und der ominöse Rahmentrainingsplan des DSB, mit welchem ausgebildete Trainer arbeiten sollen, wurde richtig eingeordnet. Im internationalen Vergleich hat Deutschland freilich das Nachsehen, dass man sein Kind nicht einfach aus der Schule nehmen kann und es mal eben Schachvollprofi wird. Ebenso werden hauptberufliche Schachtrainer häufig gefragt, als was sie denn im echten Leben arbeiten. Während sich Trainer also auch in der Zukunft ein höheres Standing in der Gesellschaft erarbeiten müssen/werden, kam man in Köln überein, dass für den Rahmentrainingsplan eine Literaturliste von den A-Trainern angefertigt wird, sodass auch schwächere Trainer mit viel weniger Know-How Anfängergrundlagen korrekt und effizient mit dem entsprechenden Lehrwerk unterrichten können.


Der zweite Lehrgang findet über Pfingsten bei der gleichzeitig stattfindenden DJEM in Willingen statt. Bis Mai schreiben die angehenden A-Trainer ihre Hausarbeit und im Juli werden sie diese dann in Gladenbach verteidigen. Die Themen der Hausarbeiten behandeln im Übrigen ausgewählte Themen des Rahmentrainingsplans."



Philipp Müller