Entscheidung Stockenhausen-Frommern 1 - Schramberg-Lauterbach 1

Veröffentlicht am: 30.11.-0001 von Christof Beuter in: Bezirk Alb/Schwarzwald » Offizielles Drucken


Hiermit ergeht durch den Staffelleiter der Bezirksliga folgende

ENTSCHEIDUNG


Der Einspruch wird zurückgewiesen.

BEGRÜNDUNG


Am 08.11.2014 kam es in der 3. Runde der Bezirksliga Alb/Schwarzwald zum Mannschaftskampf SV Stockenhausen-Frommern 1 - SG Schramberg-Lauterbach 1.
Gastgeber war der SV Stockenhausen-Frommern 1. An Brett 1 kam es dabei zur Begegnung Fabian Fichter (Mannschaftsführer SG Scharmberg-Lauterbach 1, weiß) und Kevin Narr (SV Stockenhausen-Frommern 1, schwarz). Beim Zwischenstand von 2,5 : 3,5
überschritt der Spieler Fabian Fichter im 35. Zug seine Bedenkzeit. Diese Zeitüberschreitung bemerkte sein Gegner Kevin Narr und wies darauf hin.
Daraufhin erklärte der Schiedsrichter die Partei für Fabian Fichter wegen Zeitüberschreitung für verloren.

Gegen diese Schiedsrichterentscheidung legte die SG Schramberg-Lauterbach form- und fristgerecht, mit Schreiben vom 13.11.2014, eingegangen beim Staffelleiter der Bezirksliga am 15.11.2014, Einspruch ein.

In der Bezirksliga Alb/Schwarzwald wird mit einer Bedenkzeit von 2 Stunden für 40 Züge und 1 Stunde für den Rest der Partie gespielt. Schiedsrichter der Begegnung war der Mannschaftsführer der Heimmannschaft, Georg Söllner (Brett 3). Wie bereits oben
beschrieben, kam es an Brett 1 zu der Begegnung Fabian Fichter - Kevin Narr. Kurz vor der 1. Zeitkontrolle befand sich der Spieler Fichter mit wenigen Sekunden Restbedenkzeit in Zeitnot. Sein Gegner hatte noch mehr als 5 Minuten Restbedenkzeit und zeichnete daher die Züge noch auf.

Nach Ausführen seines 34. Zuges drückte der Spieler Narr seine Uhr. Danach führte der Spieler Fichter seinen 35. Zug aus, drückte nach eigener Aussage seine Uhr und sah dabei eine Restbedenkzeit von 17 Sekunden. Das Drücken der Uhr könnten auch die gerade zuschauenden Schramberger Spieler Volker Kaltenbach und Michael Fichter bestätigen.
Nach kurzem Überlegen bemerkte Narr beim Blick auf die Uhr, dass die Bedenkzeit seines Gegners abgelaufen war und wies darauf hin (dabei lief die Uhr von Fichter). Nach Ablauf der Bedenkzeit sprang die Digitaluhr (Modell DGT 2000) um und nach Addition der
zusätzlichen Stunde Bedenkzeit zeigte diese 0:59 für weiß (Fichter) und 1:17 für schwarz (Narr) an. Daraufhin erklärte der Schiedsrichter Söllner die Partei für Fichter wegen Zeitüberschreitung für verloren.

Allerdings sind die Schramberger davon überzeugt, dass der Spieler Fichter seine Uhr nach Ausführen seines 35. Zuges ordnungsgemäß gestoppt und damit die Uhr des Gegners in Gang gesetzt habe. Aus ihrer Sicht funktionierte die Uhr nicht ordnungsgemäß und sei trotz
des Drückens von Fichter wieder „zurückgesprungen" bzw. die Uhr des Gegners sei nicht ordnungsgemäß in Gang gesetzt worden, so dass statt der Uhr von Narr, die von Fichter lief. Dies stützen die Schramberger darauf, dass bei einigen Uhren nach dem Drücken der
Uhr, die „Wippe" wieder in eine etwa waagrechte, neutrale Position zurücksprang. Hierbei war für die betroffenen Spieler an der „Wippe" nicht erkennbar, wer am Zug war. Dies musste entweder am Blinken der Zeitanzeige oder an den Veränderungen auf dem
Schachbrett festgestellt werden. Daher ist Schramberg der Meinung, dass die Uhren Fehlfunktionen aufweisen könnten, weil sie dieses Verhalten von Uhren des gleichen Modells nicht kannten. Wo und wie in der Uhr der mutmaßliche Fehler aufgetreten ist (z.B.
ob sie gar nicht oder zwei Mal auslöst), sei für die Schramberger unerheblich. Entscheidend ist ihrer Meinung nach, ob eine Uhr ihre Funktion erfüllt und nach dem Drücken die Uhr des Gegners in Gang setzt. Allerdings ist strittig, welche und wie viele Uhren davon betroffen waren sowie, ob die Uhr an Brett 1 betroffen war. Schramberg erklärt, dass sicher die Uhren an Brett 1, 3, 4, 5 und 6 betroffen waren. Bei Brett 2 sind sie sich nicht sicher und bei Brett 7 und 8 trat der Fehler nicht auf. Außerdem führen sie aus, dass ohne den Mangel an Brett 1 gar kein Streitfall hätte entstehen können, da sonst an der „Wippe" eindeutig erkennbar gewesen wäre, wer am Zug war. Frommern dagegen gibt an, dass 2 Uhren betroffen waren. Aber an welchen Brettern diese Uhren standen, konnten sie nicht mehr sagen. Allerdings vermuten sie, an Brett 4 und 5. Aufgrund der genannten Gründe gehen die Schramberger davon aus, dass die Zeitüberschreitung durch einen Mangel an der Uhr und nicht durch den Spieler selbst verschuldet wurde. Und da ein Mangel gemäß § 11 Abs. 1 WTO nur zu Lasten der Heimmannschaft gehen kann, dürfe dies nach Ansicht der Schramberger nicht zum Nachteil des Spielers Fichter entschieden werden.

Frommern dagegen bestreitet nicht, dass der Spieler Fichter die Uhr gedrückt hat. Allerdings gehen sie, für den Fall, dass er gedrückt hat, davon aus, dass er in der Hektik der Zeitnotphase die Uhr fehlerhaft bedient hätte, z.B. dass Fichter die Uhr nicht oder auf
der Seite des Gegners gedrückt hätte. Des Weiteren sind sie der Ansicht, dass die Uhr an Brett 1 (und auch die anderen) korrekt funktionierte bzw. immer noch funktioniert. Und da der Spieler, den aus Schramberger Sicht, vorliegenden Mangel der Uhr, erst nach der
Zeitüberschreitung reklamierte, blieb der Schiedsrichter bei seiner Entscheidung.
Außerdem überprüfte der Schiedsrichter daraufhin im Beisein einiger Schramberger Spieler die betreffende Uhr, indem er sie in Gang setzte und circa 30 mal drückte. Bei dieser Überprüfung funktionierte die Uhr korrekt, daher blieb der Schiedsrichter weiterhin bei
seiner Entscheidung.
Daraufhin protokollierte der Schiedsrichter die Überprüfung der Uhr und bat den Schramberger Mannschaftsführer Fabian Fichter um seine Unterschrift. Dieser weigerte sich jedoch, da er zum einen der Meinung ist, dass selbst bei 1000-mal drücken, die Uhr
korrekt laufen könne und erst dann einmal „zurückspringt". Andererseits weigerte er sich, da er der Meinung ist, dass dies ein einseitiges Zugeständnis, das einem Schuldeingeständnis gleichkäme, wäre.

Unstrittig ist zwischen den Parteien, dass bei einigen Uhren, die „Wippe" nach dem Drücken wieder in eine fast waagrechte, neutrale Position zurückfedert. Allerdings gehen die Aussagen auseinander, welche und wie viele Uhren wirklich betroffen waren. Einige
Schramberger Spieler bemerkten diesen Zustand bereits zu Beginn des Mannschaftskampfes und monierten dies auch. Da der Schiedsrichter aber beteuerte, dass dies keinen Einfluss auf die Funktion der Uhren habe, beließen es die Schramberger dabei.
Die Schramberger führen weiter aus, dass es in der Frühphase des Mannschaftskampfes diesbezüglich 2 Vorfälle gab. An Brett 4 lief die Uhr von Michael Fichter (Schramberg) noch, obwohl dieser meinte, gedrückt zu haben. Allerdings war er sich dabei nicht sicher und
beließ es daher dabei. Durch diese Diskussion seien die Spieler an Brett 5 darauf aufmerksam geworden, dass die Uhr von Frank Gaus (Schramberg) trotz vorherigen Drückens noch lief. Zwar wurde dieser Vorfall kurz beanstandet, aber da die Uhr im weiteren Verlauf der Partie einwandfrei funktionierte, fand auch dies keine weitere Beachtung.

Schramberg begründet seinen Einspruch damit, dass der Mangel der Uhr gemäß § 11 Abs. 1 WTO nur zu Lasten der Heimmannschaft gehen kann. Hier ist offensichtlich der Buchstabe b) des § 11 Abs. 1 WTO gemeint, der die Pflicht des gastgebenden Vereins zur
Bereitstellung von ausreichendem, geeignetem Spielmaterial beinhaltet. Daraus folgt, dass die Schramberger Frommern vorwerfen, an Brett 1 kein geeignetes Spielmaterial bereitgestellt zu haben und dass Schwierigkeiten, die sich aus der Vernachlässigung dieser
Pflicht ergeben, immer zu Lasten des gastgebenden Vereins, in diesem Fall also Frommern, gehen.
Wie bereits beschrieben, ist unstrittig, dass einige der Uhren den Mangel mit der „Wippe" hatten. Strittig ist, welche und wie viele Uhren davon betroffen waren. Unabhängig davon, welche und wie viele Uhren betroffen waren, ist festzustellen, dass bei den Uhren, bei denen dieser Mangel auftrat, gemäß Art. 6.10 a) FIDE-Regeln ein offensichtlicher Mangel
vorlag. In diesem Fall hätte der Schiedsrichter die Uhren ersetzen/austauschen müssen.

Daraus ergibt sich, dass Frommern seiner Pflicht gemäß § 11 Abs. 1 b) WTO, geeignetes Spielmaterial bereitzustellen, nicht ausreichend nachgekommen ist. Andererseits ist aber festzustellen, dass dieser Mangel bereits vor Beginn des Mannschaftskampfes ersichtlicht und daher bekannt war. Daraus folgt, dass auch den Schrambergern dieser Mangel bekannt war und sie damit bewusst, mit diesem gespielt
haben. Zwar monierten einige Schramberger Spieler den Mangel gleich zu Beginn des Mannschaftskampfes. Da der Schiedsrichter aber beteuerte, dass dies keinen Einfluss auf die Funktion der Uhren habe, beließen es die Schramberger dabei. Aufgrund des
offensichtlichen Mangels und der Zweifel hätte Schramberg aber von vornherein auf einen Uhrentausch bestehen müssen. Hätte sich der Schiedsrichter bzw. Frommern geweigert, die Uhren zu tauschen oder wäre dies nicht möglich gewesen, hätte Schramberg von
Beginn an unter Protest spielen müssen. Es ist noch festzustellen, dass das Monieren des Mangels zu Beginn des Mannschaftskampfes natürlich kein Protest darstellt. Dies hätte auch noch auf der Spielberichtskarte notiert werden müssen. Die Beteuerung des
Schiedsrichters, dass die Uhren trotzdem funktionieren, kann nicht als Begründung, dass die Uhren nicht getauscht wurden, gelten. Einerseits kann der Schiedsrichter, der gleichzeitig Spieler der Heimmannschaft war, diesbezüglich viel erzählen. Andererseits
müssen Uhren mit einem offensichtlichen Mangel gemäß Art. 6.10 a) FIDE-Regeln ersetzt werden. Eine Pflichtverletzung gemäß § 11 Abs. 1 b) WTO muss nach bekannt werden reklamiert werden. Ein nachträglicher Protest bzw. Einspruch, nach Beendigung der Partie,
der mit der Pflichtverletzung bzw. dem Mangel begründet wird, die den Beteiligten bereits von Anfang an bekannt war, ist nicht möglich. In diesem Fall wäre ein Einspruch nur erfolgreich gewesen, wenn Schramberg von vornherein unter Protest gespielt hätte.
Da den Schrambergern die Pflichtverletzung bzw. der Mangel bereits zu Beginn des Mannschaftskampfes bekannt war und sie bewusst damit gespielt haben, können sie Frommern die Pflichtverletzung gemäß § 11 Abs. 1 b) WTO nicht mehr vorwerfen. Daher ist
der Einspruch zurückzuweisen und die Wertung an Brett 1 bleibt 0-1 (auf dem Spielberichtsbogen 1-0) sowie das Gesamtergebnis des Mannschaftskampfes 4-4.

Anmerkung:
Frommern ist zu empfehlen, entweder die betroffenen Uhren zu reparieren oder in Zukunft
andere Uhren einzusetzen.

RECHTSBEHELFSBELEHRUNG


Gegen diese Entscheidung kann binnen 10 Tage nach Zugang (Ankunft des Briefes) Protest eingelegt werden. Der Protest ist an den Vorsitzenden des Bezirksschiedsgerichts Christian Kinkelin (Stuttgarter Straße 60, 78532 Tuttlingen) per Post zu senden. Die Frist ist
auch gewahrt, wenn der Protest an den Staffelleiter der Bezirksliga, Klaus Fuß, rechtzeitig abgesendet wird.
Die Protestgebühr beträgt beim Bezirksschiedsgericht 50,- Euro. Die Gebühr ist im Voraus an die zuständige Bezirkskasse zu zahlen (Kto.-Nr. 21061743, BLZ 643 500 70, KSK Tuttlingen). Liegt kein Protestfall vor, so kann das zuständige Gericht vom Antragsteller
eine entsprechende Gebühr erheben. Mit der Protestgebühr sind auch die Verfahrenskosten abgegolten, die beim Schiedsgericht selbst entstanden sind.

Mit freundlichen Schachgrüßen
Klaus Fuß
Staffelleiter Bezirksliga
Bezirksspielleiter Bezirk Alb/Schwarzwald