Thilo Kabisch holt den Titel 2011

Veröffentlicht am: 07.09.2011 von Holger Schröck in: Spielbetrieb » Einzelmeisterschaft Drucken

Mit „Es trümmert und wankt ja, wohin ich blicke“ zitierte Holger Namyslo bei der Siegerehrung der Württembergischen Einzelmeisterschaft 2011 den großen Sohn der Stadt Lauffen, Friedrich Hölderlin. Nun traf das Zitat wohl auf ihn selbst wie auch einige andere Mitfavoriten zu, jedoch nicht auf die Protagonisten an den Spitzenbrettern der letzten Runde. In einem spannenden Finale überflügelte Thilo Kabisch vom SK Schmiden/Cannstatt den bis dahin führenden Jaroslaw Krassowizkij (SV Jedesheim) durch einen spektakulären Sieg im direkten Duell und holte sich mit 6,5 Punkten den Titel 2011. Das Kandidatenturnier gewann Bernhard Förster vom SK Bietigheim-Bissingen punktgleich vor Klaus Fuß (SK Turm Albstadt) mit 7,0 Punkten.

Spannendes Finale

„Endlich“ wird sich Kabisch gedacht haben. War er doch schon häufig ganz nah dran, aber der ganz große Wurf war ihm noch nie geglückt. Bis auf zwei Buchholzpunkte rückte ihm aber FM Ufuk Tuncer (SK Schwäbisch Hall) durch seinen Schlussrundensieg über Thomas Imhof (SG Vaihingen-Rohr) ganz dicht auf den Pelz. Tuncer zähmte den „Drachen“ von Imhof mit starkem Angriff, und trotzdem war Imhof eine der großen Turniersensationen.

Als Aufsteiger am Ende des Turniers an Brett 2 zu sitzen, ist eine grandiose Leistung. Ein weiterer Aufsteiger, Walter Kunz vom SC Schachmatt Botnang, schaffte ebenfalls Unglaubliches. In Runde 7 besiegte er den neuen Titelträger und brachte diesem die einzige Niederlage bei. Erst dadurch wurde es am Schluss so überaus spannend und es war schon imponierend, wie Kabisch mit den schwarzen Steinen unbeirrt auf Sieg spielte und den führenden Krassowizkij auf sehenswerte Weise niederrang. „Nach 20. ... - Sg3! war Jaroslaw baff!“ meinte ein Zuschauer. Und tatsächlich bereiteten die schwarzen Rössel dem jungen Jedesheimer am Ende den Garaus.

Amos' Pfeile treffen

Schier unfassbar war die Leistung von Frank Amos. Mit der Organisation des Turniers durchaus auch mit anderen Dingen befasst, spielte der Star der Gastgeber vom SK Lauffen dermaßen stark auf, dass er völlig verdient am Ende mit 6,0 Punkten noch vor dem punktgleichen Krassowizkij den 3. Platz belegte. Als Sahnehäubchen blieb er als Einziger im Meisterturnier ohne jede Niederlage. Klasse! Dazu kam die hervorragende Vorbereitung und Durchführung des Turniers, das der SK Lauffen mit Frank Amos, Peter Lörincz und Günter Kamm sowie einem fleißigen Helferteam ung gemeinsam mit Turnierleiter Thomas Wiedmann glänzend bewältigte. Der Spielsaal im Turnerheim Lauffen bot einen angenehmen Aufenthalt und die schattige Terrasse der dortigen Gaststätte bot neben leckerem Essen auch Erholung und Entspannung und lockte abends so manchen zum Blitzen und Analysieren ins Freie. Zum Kennenlernen hatten die Lauffener gleich am ersten Abend zum Stehempfang am großen Buffet eingeladen, im Rahmenprogramm war ferner eine Führung durch die (halbe) Hölderlinstadt und ein Analyse-Abend mit GM Fabian Döttling geboten.

Bernhard Förster gewinnt Kandidatenturnier

Im vergangenen Jahr wurde er Elfter. Jetzt holte Bernhard Förster zum großen Schlag aus.

Mit 7,0 Punkten gewann er das Kandidatenturnier und blieb neben Amos als Einziger ohne Niederlage. Die meisten Siege des gesamten Turniers schaffte Klaus Fuß, nämlich sechs. Dafür musste er in Runde 6 eine Niederlage gegen den stark auftrumpfenden Martin Schmidt (SG Königskinder Hohentübingen). Die famose Leistung des jungen Tübingers wurde mit 6,5 Punkten und dem 3. Platz belohnt. Eine der großen Überraschungen war hier auch die Leistung des erst 11-jährigen Adrian Rausch vom SV Backnang, der auf stolze 4,0 Punkte kam. Moritz Kracke (SV Urach) mit 6,0 Punkten, Michael Schwerteck (SG Königskinder Hohentübingen) mit 5,5 Punkten und Julian Bissbort (Heilbronner SV) als Buchholzbester der 5,0 Punkte-Gruppe steigen damit ins Meisterturnier 2012 auf.

Siegerehrung mit Verlosung

Bernhard Mehrer, Präsident des SVW, war persönlich zur Siegerehrung nach Lauffen gekommen, um allen Teilnehmern für ein sportliches Fairplay zu danken. Ein großes Lob sprach er dem Organisationskomitee des SK Lauffen aus, und er sehr froh, endlich wieder einmal ausschließlich über Schach sprechen zu dürfen. Ein Wermutstropfen hatte die Siegerehrung allerdings: Die Pokale stehen immer noch beim früheren Schiedsrichter der WEM und konnten nicht beigebracht werden. Der Freude der Sieger über ihren Erfolg tat das aber keinen Abbruch. Überglücklich durfte Thilo Kabisch den Siegerscheck in Empfang nehmen, zudem vertritt er den SVW bei den Deutschen Einzelmeisterschaften. Bis zum 8. Platz wurden im Meisterturnier und im Kandidatenturnier Geldpreise vergeben, alle anderen Teilnehmer durften einen Sachpreis mit nach Hause nehmen. Wer im Turnier kein Glück hatte, konnte aber immer noch hoffen. Wertvolle Weine aus heimischem Anbau sowie interessante Bücher zog Glücksfee Carolin am Ende aus dem Lostopf, und so kamen auch die Letztplatzierten der beiden Gruppen noch zu einem ansehnlichen Mitbringsel.

Die WEM 2012 wird vom SV Jedesheim ausgerichtet, die Organisation wird von Klaus Fuß übernommen. In Lauffen machte aber Verbandsspielleiter Thomas Wiedmann das Turnier zur Chefsache und übernahm höchstpersönlich die Turnierleitung. Souverän und sicher brachte er mit familiärer Unterstützung das Turnier über die Bühne. Dafür erntete er nicht nur höchste Anerkennung, sondern von den Spielern auch ein Geschenk. „100 Gedichte“ von Friedrich Hölderlin überreichte ihm im Namen aller Teilnehmer Holger Namyslo als Dank für sein Engagement. Einen Sonderpreis hatte Frank Amos ebenfalls in der Hinterhand. Unter dem Applaus aller Spieler und Besucher zollte er der Leistung von Adrian Rausch als jüngstem Teilnehmer Respekt für ein bravouröses Turnier.

Selbst vom Deutschen Schachbund war ein Gesandter, und doch Altbekannter, anwesend. DSB-Breitenschachreferent und SVW-Vizepräsident Walter Pungartnik wies auf die am 23. Oktober beginnenden Deutschen Amateurmeisterschaften (Bad Soden), die auch im württembergischen Aalen wieder Station machen, hin. Auch zum Deutschland-Cup in Werningerode (28. September bis 3. Oktober) lud er ausdrücklich nochmals ein.

Einig waren sich am Schluss der strapazierenden neun Tage alle: Die schmucke Hölderlin-Stadt Lauffen am Neckar war eine Reise wert. Und wenn der rührige Schachklub den Teilnehmern auch noch die andere Hälfte der romantischen Altstadt zeigen will, dürfen sie gerne wieder einmal die Württembergischen Einzelmeisterschaften ausrichten.

Harry Pfriender
Pressereferent